Bereits zum elften Mal wurde Oberneukirchen zur Klassikhochburg. Der Neustart vor vier Jahren unter der hervorragenden künstlerischen Leitung von Clemens Zeilinger war überwältigend. Sowohl Künstler als auch Besucher waren von der Art dieses Festivals begeistert. Das Team der Kultur-Werkstatt-Schnopfhagen freute sich auch heuer wieder über den regen Zustrom der Besucher und Besucherinnen vom 19. bis 22. Juli.
Das für Klassikfreunde gewohnte Bild von entweder nüchternen oder überladenen Konzertsälen wird hier durch das ungemein charmante und reizvolle Ambiente eines feinst adaptierten Holzstadels ersetzt. Das Klassik Musikfest in Oberneukirchen ist ein Gesamtkunstwerk aus Musik, Kulinarik und Geselligkeit, das den einzigartigen Reiz dieses gar nicht mehr so kleinen, aber immer noch sehr feinen Festivals ausmacht.
Das heurige Festival stand unter dem Thema „Kontraste“
Kontraste beleben unser Dasein. Ohne Kontraste wäre die Wahrnehmung unserer Umwelt um vieles ärmer. Die Musizierenden beim 11. Klassikfest haben Kontrasten aller Arten musikalisch nachgespürt und Kontraste musikalisch erzeugt.
In Zeiten von „MeToo“ wollten wir am Puls der Zeit sein, so wurde – wie gerade fast überall in der westlichen Welt – das Rollenbild der Frau auch bei uns beleuchtet. Der erste Abend – mit „Lady is First“ betitelt, brachte Werke von grandiosen Komponistinnen einerseits und erzählte von ihren stark von den männlichen „Gegen-Übern“ kontrastierenden Biographien. Andererseits beleuchteten quer durch die Musikgeschichte „bunt verstreute“ Lieder die verschiedenen, dabei natürlich auch extrem kontrastierenden Rollen-Bilder der Frauen.
Der Freitag brachte mit Cellist Matthias Bartolomey und Sopranistin Claudia Goebl nicht nur zwei prominente Debüts bei unserem Festival, wir spürten hier dem Kontinent Europa in allen vier Himmelsrichtungen in seinen kontrastierenden „seelisch-musikalischen“ Ausprägungen nach. Cello, Gesang und Klavier auf der Reise quer durch die europäische Seele.
Am Samstag: die KONTRASTE von Bela Bartok –also quasi der „Namensgeber“ unseres heurigen Festivals. Umrahmt wurde dieses fulminante Opus von abwechslungsreichen Werken in verschiedenen Besetzungen. Die Charaktere der Komponisten Beethoven, Milhaud, Brahms und eben Bartok sind dabei so verschieden , dass sich mit den erstmals in Oberneukirchen aufspielenden Annelie Gahl (Violine) und Bernhard Zachhuber (Klarinette) sowie Franz Ortner und Clemens Zeilinger ein bunt schillernder Abend ergab – zwischen Besinnlichkeit und verrückter Virtuosität kontrastreich oszillierend.
Der Sonntag schließlich gehörte dem Orchestralen. Das Klavier erfüllte dabei „ganz diametral kontrastierende Funktionen“ in ein und demselben Konzert: So zeigte es sich zum einen als Begleitinstrument, ein Orchester ersetzend und imitierend, bei Debussys farbenreicher Rhapsodie für Klarinette und Orchester. Dann aber führte uns der hochbegabte junge oberösterreichische Pianist Sebastian Galli in die hohe Solisten-Virtuosität der Chopinschen Klavier-Welt ein. Das berühmte Klavierkonzert in e-Moll von Chopin, begleitet von einem Streich-Quintett, das hier den Orchesterpart als kammermusikalisch aufgewerteter, durchsichtiger Klangkörper übernahm.
Textauszüge aus dem Vorwort von Intendant Clemens Zeilinger
Fotos: Erich Pröll, Erika und Herbert Ganglberger